Montag, 10. Januar 2011

Mein Abschlussbericht

Im August 2009, nur kurz nach meinem Abitur, machte ich mich auf, ein Jahr in Lettland zu verbringen. Mein Praktikum machte ich in der Kreuzkirchengemeinde in Liepāja, der drittgrößten Stadt Lettlands, direkt an der Ostsee gelegen. Diese Gemeinde, die vor einigen Jahren mit der Diakonie zusammengelegt wurde, zählt 92 Mitglieder, die sich alle in irgendeiner Weise sehr aktiv in die Gemeinde einbringen. Der Pastor der Gemeinde ist in Deutschland aufgewachsen und erst nach dem Fall der Sowjetunion wieder nach Lettland zurückgegangen. So hat er noch viele Kontakte nach Deutschland, die die Gemeinde/ Diakonie sehr (z.B. mit Hilfstransporten) unterstützen. Natürlich war er auch für mich anfangs sehr hilfreich, da er mir gerade auch in bürokratischen Angelegenheiten sehr helfen konnte.

Mit allen anderen Menschen kommunizierte ich anfangs mit einen wilden Mix aus deutsch, englisch, Hand und Fuß und lernte nebenbei fleißig lettisch. Nach einem halben Jahr konnte ich dann schon recht gut lettisch – zumindest konnte ich mich gut unterhalten. Ich glaube, dadurch, dass die Letten gesehen haben, dass ich sogar ihre Sprache lernen möchte, wurden die Menschen noch offener und herzlicher als sie ohnehin schon sind. So lernte ich Land, Leute und Traditionen sehr gut kennen.

Meine Lieblingsaufgabe war für mich der Deutschunterricht. Hierzu trafen wir uns einmal in der Woche. Der Kurs war bunt gemischt aus vielen verschiedenen Menschen von Schülern und Studenten bis hin zu Erwachsenen und Senioren selbst Arbeitslose waren dabei. Auch das Niveau war sehr unterschiedlich, was ich zunächst als ein Problem sah, sich aber später als positiv herausstellte. Die Guten halfen den Schlechteren und es kamen immer viele interessante Fragen auf. So wurde aus dem Sprachunterricht viel mehr ein Kulturunterricht. Natürlich haben wir auch etwas gelernt, ich habe aber nicht nach irgendeinem Buch Grammatik gelehrt, sondern das, was gerade passte. So haben wir viele deutsche Lieder gesungen und übersetzt und der gesamte Kurs kennt nun auch meinen Namensvetter Benjamin Blümchen.

Außerdem habe ich mich um die Jugendlichen in der Gemeinde gekümmert. Wir haben dazu eine Jugendgruppe gegründet und uns wöchentlich getroffen. Anfangs waren wir fünf bis sechs Jugendliche und da ist es schon immer sehr aufgefallen, wenn mal jemand krank war oder nicht konnte, aber wir wurden immer mehr, sodass wir am Ende eine tolle Gruppe mit teilweise über zwölf Jugendlichen waren. Unser Programm war sehr abwechslungsreich. Wir haben Freizeiten gemacht, Rollenspiele und Sketche für den Gottesdienst geschrieben, geprobt und aufgeführt oder manchmal sind wir einfach ans Meer gegangen und haben am Meer gespielt. Wir haben zusammen gekocht oder haben uns einfach zusammen Fußball oder Eishockey WM Spiele angesehen. Was uns aber immer begleitet hat und mich sehr geprägt hat, war das Gebet. Wenn es uns gut oder schlecht ging oder wenn wir für andere in der Gemeinde gebetet haben. Das gemeinsame, laute Gebet hat uns erst so richtig zusammengeschweißt. Auch heute trifft sich die Gruppe noch wöchentlich.
Da es in Lettland keinen Religionsunterricht an den Schulen gibt, wie wir es kennen, richten die Kirchen diesen selbst aus. Das nennt sich Sonntagsschule. Hierzu kamen Kinder von 2 - 16 Jahren jeden Sonntag in das Gemeindehaus und wurden unterrichtet. Man kann das vielleicht mit Kindergottesdiensten und dem Konfirmandenunterricht vergleichen. Hier hatte ich die Aufgabe zu helfen, wo immer meine Hilfe benötigt wurde. Auch hier konnte ich meine Erfahrungen, die ich in meiner Heimatgemeinde gesammelt habe, gut einbringen. Zwar hatte ich mit den ganz kleinen Kindern die größten Schwierigkeiten, aber das liegt an der Sprache und wurde mit der Zeit auch viel besser.
Einmal monatlich traf sich bei uns in der Gemeinde eine Rollstuhlfahrergruppe. Diese Treffen gingen meist immer über einen ganzen Tag und neben dem gemeinsamen Essen gab es auch immer ein Programm. So haben die Rollstuhlfahrer z.B. gebastelt, was dann teilweise auch weiterverkauft wurde. Wir haben gemeinsam Gedichte und Geschichten gehört und ich habe meist auch ein paar Spiele vorbereitet. Anfangs war die Gruppe noch nicht so offen und es war ein wenig Überzeugungsarbeit nötig, mit mir zu spielen, aber langfristig wurde das Verhältnis immer herzlicher und die Spiele haben allen Spaß gemacht. Es war immer schön zu sehen, wenn die Menschen ein wenig ihrem Alltag entfliehen und lachen konnten. Das Leben eines Rollstuhlfahrers in Lettland ist leider noch kaum mit dem in Deutschland zu vergleichen. Ein besonderes Highlight nicht nur für mich war das Weihnachtskonzert. Dazu traf ich mich mit den Rollstuhlfahrern zwei Monate mehrmals in der Woche zum Standardtanz. Ein Tanzlehrer hat sich eine Choreographie überlegt und mit uns geübt. Bei jedem Tanzpaar saß einer der beiden Tänzer im Rollstuhl. Man musste sich viel mehr auf die Tanzpartnerin einstellen, jedoch konnte ich auch sehen, was man in einem Rollstuhl noch alles machen kann. Beim Konzert war sogar der Bürgermeister da und es war schön zu sehen, dass die Aufmerksamkeit auch mal auf die Rollstuhlfahrer gerichtet war.
Ansonsten habe ich viel in der täglichen Arbeit der Diakonie geholfen. Die Arbeit war auch sehr unterschiedlich. Mal habe ich in der Kleiderkammer für die Bedürftigen bei der Ausgabe oder beim Kistenschleppen geholfen. Mal habe ich Flyer gestaltet oder Aushänge gemacht. Es gab immer wieder kleinere Projekte, Sitzungen und vieles Weitere, was den Alltag nie langweilig gemacht hat. Das Spannende an der Arbeit war auch, dass die Alterspanne der Menschen, mit denen ich das Jahr über zu tun hatte, so groß war, dass man nie wusste was als nächstes kommt.
Auch in meiner Freizeit habe ich viele tolle Dinge unternommen. Ich habe durch Freizeiten Menschen in ganz Lettland kennengelernt und bin auch viel gereist. So konnte ich das Land sehr gut kennenlernen. Aber auch in Liepāja war immer etwas zu tun. Ob ich nun im Kino für 1,50 € die neusten Filme in Originalsprache vor dem Kinostart in Deutschland sehen konnte oder ich mich mit den sportbegeisterten Letten die verschiedensten Sportarten angeschaut habe.
Viel Spaß hatte ich auch am lettischen Volkstanz, wo ich weitere Menschen neben der Kirche kennenlernen konnte. Ich habe gelernt einen Haushalt zu führen und was ich im Nachhinein sehr gut fand ist, dass ich noch einen richtigen Ofen hatte. Ich hatte nämlich in meiner Wohnung noch keine Heizung und musste den gesamten Winter teilweise zwei Mal täglich Feuer in meinem Ofen machen. Natürlich gab es auch Tage, wo es echt anstrengend war und ich mir gewünscht habe, dass ich nur die Heizung anzuschalten brauche, aber Momente wie diese haben dieses Jahr erst zu dem gemacht, weshalb es für mich so besonders war. Wer kann in meinem Alter in Deutschland schon behaupten selbst für sich geheizt zu haben!
Mittlerweile bin ich schon über ein halbes Jahr wieder in Deutschland und ich kann sagen, ich habe echt etwas bewegt. Den Verantwortlichen in der Diakonie hat dieses Jahr so gut gefallen, dass sie sich als Aufnahmeorganisation beim europäischen Freiwilligendienst beworben haben und nun erwarten sie im Sommer einen Freiwillige/n, der wie ich dort ein Jahr verbringen wird und das wieder ohne Kosten für die Diakonie. Das passt auch zu dem, was ich am meisten gelernt habe: Zu großer Fortschritt auf einmal kann auch schaden! Man muss viele kleine Schritte machen, um ein großes Ziel zu erreichen.
Mein Jahr war sehr facettenreich und dieser Bericht ist nur ein ganz kleiner Einblick in das, was ich erleben durfte. Ich habe ein wunderschönes Jahr gehabt, in dem ich mich persönlich sehr stark weiterentwickelt habe. Ich nehme viele wundervolle Erlebnisse und Erfahrungen mit für mein zukünftiges Leben und werde mit Sicherheit noch oft zurück nach Lettland kommen. Jeder, der mich kennt, hat gemerkt, wie gut mir dieses Jahr tat und ich kann es jedem nur empfehlen sich auch ein Jahr ins Ausland zu begeben.
Ein großer Dank gilt dem Gustav Adolf Werk und allen Menschen, die mich in diesem Jahr unterstützt und gefördert haben.

Liels Paldies - Vielen Dank

Montag, 12. Juli 2010

Nur kurz

Mittlerweile bin ich schon wieder über eine Woche hier in Deutschland und das Leben läuft mir im Moment ein wenig zu schnell und vollkommen an mir vorbei. Es gibt so viele Dinge, von denen ich in diesem Blog noch schreiben möchte, denn mein Abschied und meine Ankunft waren sehr erwähnenswert aber ich komme zur Zeit nicht dazu, irgendetwas zu schreiben. In dieser Woche habe ich mich an einigen Universitäten beworben, damit das Leben nach Lettland auch weitergeht. Heute kommt die Kuldiga Gruppe, mit der das ganze Abenteuer Lettland begonnen hat, aber für August habe ich mir ganz fest vorgenommen, die ganzen Blogeinträge, die ich in meinem Kopf schon vorverfasst habe, aufzuschreiben.

Viele Grüße

Montag, 5. Juli 2010

Janos

Als ich jetzt zu Besuch bei meinem ehemaligen Schulkameraden Benny in Lettland war, war auch gerade die Zeit des Jani. Das ist das Fest zur Sommersonnenwende, ein sehr wichtiger Feiertag in Lettland. Dieses haben wir ganze dreimal mit verschiedenen Leuten gefeiert. Der Hauptfeiertag war ja vom Mittwoch 23. (ligo) auf den 24. Juni, wir starteten aber schon am Montag mit einer Spielenacht bei Freunden von Benny. Diese Feier war noch die Kleinste der drei Feiern. Wir saßen die Nacht über zusammen und haben verschiedene Spiele gespielt und sind dann, als es wieder hell wurde, so um und bei halb vier zum Strand gegangen.
Den nächsten Abend sind wir dann mit Lelde per Rad zu einer ganz traditionellen Jani Feier aufs Land gefahren. Hierfür wurde extra eine Frau aus Riga gebucht, die sonst die lettischen Traditionen an Touristen weitergibt. Die Frau hat den Abend geleitet. Vor Ort haben wir uns dann noch ins Gras in die Sonne gesetzt und Blumen zusammengebunden. Die brauchten wir nämlich später dann noch für die Feier. Der Ort war schön hergerichtet: Es gab ein kleines Feuer in der Mitte, um das unsere gebundenen Blumen lagen, die alle zu einem großen Blumenkreis zusammen gebunden wurden. Für jede anwesende Person gab es um den Kreis herum aufgestellt kleine Schalen mit verschiedensten Körnern.
Am Anfang stellten sich alle um das diesen großen Kreis auf und fassten sich bei den Händen und dann wurde ein Lettisches Lied gesungen. Zum Glück gab es Text und ich war nicht die einzige, die ihn brauchte. Aber durch den Text konnte auch ich dann mitsingen, auch wenn ich von der Sprache nicht wirklich was verstanden habe. Es gab dann auch einen kleinen Gruppentanz: Wir sind im Takt zur Musik ums Feuer gegangen und haben nach jeder Strophe die Richtung geändert. Als nächstes kamen dann die Schalen mit den Körnern ins Spiel. Jeder nahm sich eine dieser Schalen. Dann sagte die Leiterin was die Menschen sich wünschen sollten und nach jedem Wunsch warfen wir alle ein Handvoll Körner mit den Wörtern „Lai turp“ ("Lass(t) es geschehen") ins Feuer. Insgesamt gab es, glaube ich, 3 Wünsche für einen selbst, 3 Wünsche für seine Freunde/Familie und 3 für Lettland. Nach dieser Aktion kam nun Brot, Honig, Sesam und Wasser ins Spiel. Jeder bekam eine Brotscheibe, von dunklem Brot, darauf ein Kreuz von Honig auf den dann Sesam gestreut wurde und am Ende noch ein Löffel Wasser auf das Brot. Alles davon hat eine eigene kleine Bedeutung, teilweise sogar bei jeder Person unterschiedlich. Bei mir stand das Brot dafür, dass ich meine Ziele erreiche, Honig und Sesam für die Liebe und das Wasser dafür das ich meinen Weg im Leben nicht verliere, wie geschwungen und verworren er auch sein mag und wie viele Hindernisse es auf dem Weg auch gibt.
Danach kam der riesige Blumenkranz in den Mittelpunkt des Geschehens. Dieser wurde nun nämlich in einer Art Schneckenhausprozedur auf das Feuer gelegt und verbrannt. Das machte einen ganz schönen Qualm! Aber auch der war von Bedeutung. Geht man nämlich 9*3(ja die 3 spielte eine wichtige Rolle =27 Mal ums Feuer und dabei immer schön durch den Rauch soll das Gesundheit bringen.
Im Anschluss kam dann die wohl lustigste Aktion des Abends: Paarweise wurde über das Feuer gehüpft. (3*3)Neunmal sollte man das tun, das sollte den Geist reinigen und Lebensfreude bringen.
Das war dann auch so ziemlich der Abschluss dieses Abends.
Am nächsten Tag war dann der Abend der offiziellen Jani Feier. Diesen haben wir wieder außerhalb von Liepāja verbracht, dieses Mal auf einem kleinen alten Landhäuschen, bei einer Familie mit der Benny befreundet ist. Es war auch keine ganz kleine Feier es waren doch schon ca. 25 Personen. Wahrscheinlich sogar eher noch mehr. Anfangen tat der Abend damit, dass ich von der Tochter, Helga, gelernt habe wie man einen Blumenkranz flechtet, und wir dann auch noch für Benny einen Kranz aus Eichenblättern gebunden haben. Währenddessen war Benny beim Aufbauen und hat geholfen einen Windschutz zu bauen, sodass wir dann die Tische für das Essen fertig machen konnten und uns nicht ständig alles von einer Windböe weggepustet wurde. Das Essen war so reichlich, das es gerade so alles auf den Tisch passte. Es gab eine Menge Salate, Fisch und Buletten, Brot und Erdbeeren. Nach dem Essen gab es dann Spielrunde: Erst Volleyball in einer großen Runde dann verschiedenste andere Ballspiele. Und am Ende, wie sollte es anders sein, Fußball. Da an dem Tag ja auch Deutschland gegen Ghana spielte, war Benny dann beim Fußball natürlich hochmotiviert und hatte seinen Deutschland-Umhang mitgebracht und die gesamte Spielzeit auch dabei. Da wir selber keine Möglichkeit hatten das Spiel zu sehen hier nochmal einen großen Dank an unseren Freund in Deutschland, der uns mit den Neuigkeiten zum Spiel versorgt hat! Nachdem es dann doch irgendwann so dunkel geworden ist, dass man den Ball nicht mehr sehen konnte, mussten dann auch die motiviertesten Fußballspieler den Ball unter den Arm klemmen und das Spielfeld verlassen. Inzwischen war nun das Lagerfeuer angezündet worden und so versammelten sich alle auf den Bänken herum. Auch hier wurden wieder viele Lettische Volkslieder, diesmal aber auch christliche Lieder gesungen. Später wurde dann auch noch ein eigens für den Abend gebauter Grill angeheizt und es wurden Würstchen gegrillt. So verbrachte man dann auch den Rest der Nacht. Zum Glück bewahrheitete sich die Vorhersage des Wetterdienstes nicht, so dass wir die ganze Nacht über trockenes, Sternenklares Wetter hatten und wirklich gesehen haben, dass es in der Nacht wirklich nicht ganz dunkel wurde. Geblieben sind wir da bis ca. 5Uhr. Dann wurden wir von dem Vater zurück nach Liepaja gefahren und konnten uns da dann müde aber zufrieden in die Betten schmeißen.

Vielen Dank für eine tolle Zeit in Lettland!

Christina

Sonntag, 20. Juni 2010

Der Abschied naht

Das Ende kommt immer näher und ich kann nichts dagegen machen. Ich merke langsam, dass mir die kommende Zeit richtig schwer fallen wird. Der Abschied wird immer realer und es kommen immer mehr Momente, wo ich die Menschen das letzte Mal treffe. Mir fällt dieser Abschied doch um einiges schlimmer als der damals vor knapp 10 Monaten von zuhause. Das war eine völlig andere Situation. Aber was soll´s, es geht schon weiter und ich probiere die mir noch verbleibenden 15 Tage zu genießen.

Am Montag war beim Deutschunterricht eine Abschlussfeier. Wir sind die verschiedenen Themengebiete durchgegangen und es ist doch eine ganze Menge zusammengekommen. Höhepunkt war allerdings die Folge Benjamin Blümchen, die wir gesehen haben. Zum Abschluss gab es dann Torte und viele Glückwünsche. Das war echt eine tolle Zeit. Auch wenn ganz klar der Spaß im Mittelpunkt stand und ich mehr die Angst am Reden nehmen wollte, als nur Grammatik zu pauken, haben wir viel gelernt und ich hoffe, dass auch der Eine oder Andere das nun auch irgendwann anwenden kann.

Am Dienstag war ich in Riga und habe meinen letzten Besuch von Flughafen abgeholt und ihr Riga gezeigt. Auch, wenn ich nun schon einige Male dort war, sehe ich immer wieder etwas Neues, was das durchaus interessant hält. Der mich im Winter schon von der Größe her total beeindruckender Markt zum Beispiel wirkt jetzt im Sommer nochmal doppelt so groß. Das finde ich immer wieder auf neue beeindruckend. Genauso die Unabhängigkeitsstatue, die ich mir bei jedem Besuch in Riga wieder anschauen. Ich kann echt jeden, der noch nicht in Riga war, mal einen Urlaub zu planen.
Nach der Rückfahrt nach Liepāja noch am Dienstagnachmittag, sind wir dann am Mittwoch zum Holztragen gerufen worden. Eine weitere Ladung Holz wartete darauf in den Keller sortiert zu werden. Dieses Mal war die Jugendgruppe dafür zuständig und ich war wieder einmal so positiv begeistert, dass so viele gekommen sind. So wurde der Berg Holz auch dank der Mithilfe meines Besuches ganz schnell ganz klein und wir waren schneller, als das letzte Mal, wo ich mitgeholfen hatte. Die gute Stimmung in der Gruppe wurde gleich ausgenutzt und wir sind fast alle zum Strand gegangen. Während die Letten sogar kurz in der Ostsee schwimmen waren, haben wir uns dann alle in die Dünen gelegt und gesonnt. Es war zwar sehr kalt, aber in den Dünen war kein Wind und dann wurde es durch die Sonne richtig angenehm.

Den Donnerstag haben wir dann in Karosta, einen Stadtteil von Liepāja verbracht. Seit dem Anfang, wo ich einmal mit dem Rad in Karosta war, hatte ich das immer geplant das noch einmal zu wiederholen, weil man mit dem Rad noch viel flexibler ist. So haben wir an einem wunderschönen See gechillt, waren an den Bunkern picknicken und sind die ganze Nordmole entlanggefahren. (das war aufgrund des Sturmes dort bisher nie möglich). Das war wohl auch schon das letzte Mal, dass ich dort war. Zumindest im Laufe meines Praktikums. Ich denke, es werden weitere Besuche in Lettland folgen.

Am Freitag sollte dann nun die ultimative Fußballparty steigen. Ich denke jeder Leser weiß warum das nicht so geklappt hat. Es ist echt schade, dass solche Sportpartys ja doch vom Ergebnis abhängen. Naja, trotzdem haben wir ein kleines Spiel gespielt und die Stimmung war nun auch nicht so schlecht... Ich war trotzdem geschockt.
Nach der Jugendgruppe haben wir dann das Kino aufgesucht. Es gab das A- Team. Nicht weiter besonders. Nur läuft der Film in Deutschland erst am 12.08.2010 an. Das fand ich irgendwie toll. In einem Kino in Lettland kann ich den Film schon 6-8 Wochen vorher sehen.

Von der heutigen Abschlussfeier berichte ich dann im nächsten Blog

Sonntag, 13. Juni 2010

SCHLAAAAAND

Am Samstag wurde ich zur Entlassungsfeier von zwei aus meiner Jugendgruppe eingeladen. Das Schulsystem in Lettland, welches ich bis heute nicht wirklich verstanden habe, sieht in der neunten und als Abschluss in der zwölften Klasse Prüfungen in allen wichtigen Fächern vor. Die neunte Klasse ist hier etwas besonderes. Es ist ein Abschluss, wobei ziemlich alle weiter zur Schule gehen. Viele wechseln aus mir unerklärlichen Gründen die Schule nach der neunten Klasse. Wie auch immer.. besagte Jugendliche hatten die Prüfungen bestanden und ich war auf deren Entlassungsfeier. Diese war anders als meine Entlassungsfeier. Zunächst sind alle Schüler einmarschiert und zwar hatte jeder Junge ein Mädchen im Arm, manche sogar zwei und auch die Lehrerin wurde Arm in Arm hereingeführt. Als alle in der völlig überfüllten Halle noch standen, wurde sofort die Nationalhymne Lettlands eingespielt. Anschließend gab es ein paar Worte von der Moderatorin und dann haben die Schüler die Leitung der Zeremonie übernommen. Zu dem Programm gehörten ein paar Lieder, ein paar Schauspiele, bei denen die Lehrer auf eine nette Art und Weise parodiert wurden und einem Danke sowohl an die Lehrer als auch an die Eltern mit Blumen und interessanten Geschenken. Nun sagte der Direktor ein paar kurze Worte und dann wurden immer zwei Schüler nach vorne gerufen und es hieß immer „beglückwünscht sie!“, dann sind alle Menschen, die die Personen kannten, nach vorne gegangen und haben der Person mindestens eine Blume gegeben. Es ist echt bemerkenswert wie viele Blumen die Schüler nach diesem Akt hatten. Aber es ist wie ich finde auch eine sehr schöne Geste. Auch ich hatte Blumen gekauft und war somit vorbereitet. Leider hatte ich keine Kamera dabei, aber ich denke, dass ich noch Bilder von anderen Anwesenden bekommen werde, auf denen dann auch die große Anzahl an Blumen deutlich wird. Eigentlich wollte ich nicht auf diese Entlassungsfeier, aber da ich immer wieder gefragt wurde, bin ich dann schließlich doch gegangen und ich habe es nicht bereut. Es war echt sehr schön anzusehen.

Am heutigen Sonntag war ich das letzte mal schon im deutschen Gottesdienst hier in Liepaja und im Anschluss habe ich meine WM tauglich gemacht, denn bei mir fand eine super coole Deutschland WM Party statt. Wir waren insgesamt sechs Leute und haben mit extra aus Deutschland geschicktem Fanmaterialien gefeiert. Meine Wohnung gleicht nun einer WM-Festung und die Deutsche Elf hat mit ihrem Ergebnis ihren Teil dazu beigetragen. Ich freue mich schon auf die weiteren Spiele. Für Freitag (das nächste Spiel) ist bereits eine Party mit der Jugendgruppe geplant. Ich hoffe mit ähnlichem Ergebnis.

Samstag, 12. Juni 2010

Paldies für alles – der Einblick in ein etwas anderes Leben

Paldies [danke] war wohl das Wort, das mich von Anfang bis Ende meines Urlaubs in Lettland und sogar darüber hinaus begleitete. Schon im Flugzeug lernte ich dieses Wort von einer netten Lettin bei einem kleinen Gespräch auf Englisch, das mir schon einmal im Voraus ein bisschen die Angst nahm, in Lettland nichts verstehen zu können. Die Angst verflog dann mehr und mehr, da ich ja immer Benjamin als persönlichen und engagierten Übersetzer dabei hatte. Aber nicht nur sein Übersetzen half, sondern auch all seine Eindrücke und die Kontakte, die er über die Zeit dort aufgebaut hatte. So konnte ich in den 3 Tagen meines Besuches viel mehr aus Lettland mitnehmen, als ich gedacht hätte und mir wurde wieder bewusst wie unterschiedlich doch ein Freiwilliges Soziales Jahr im Ausland sein kann:

Angefangen hat alles mit einer Busfahrt durch Riga zu einer Schwäbischen Freiwilligen namens Verena, was mich auch gleich mehr heimisch fühlen lies. Am nächsten Tag konnten wir dann die europäische Kulturhauptstadt 2014 Riga begutachten. Was mir am meisten an Riga gefiel, waren die vielen unterschiedlichen und farbenreichen Gebäude und vor allem, dass Riga nicht so überfüllt von Menschen war, sondern für eine Hauptstadt mit dem Markt und der Natur überall dazwischen recht idyllisch war. Doch Liepaja fand ich fast noch schöner mit der Natur und dem Gemeinschaftsgefühl, wobei mein Blick dort wohl auch vom christlichen Gemeindeleben getrübt war. Davon konnte ich bei meinem Besuch einiges mitbekommen und das war einfach nur genial. Es war super zu sehen, dass Benjamin in so kurzer Zeit eine Jugendgruppe auf die Beine stellen konnte, die ihr eigenes Theaterstück schreibt und aufführt. Da sieht man doch wie viel man in so einem Jahr bewirken kann. Und die Jugendgruppe war wirklich richtig nett, so hatte ich auch viel Spaß dabei kleine Spiele aus England mit ihnen auszuprobieren, auch wenn es mit dem Englisch nicht so einfach war und deren Alter anders war als ich es gewohnt bin. Besonders begeistert war ich allerdings von der Studentenbibelgruppe in der ich mich durch all die netten und offenen Menschen gleich zu Hause fühlen konnte und mal in einem neuen Umfeld über den Glauben und auch manche Erfahrungen dieses Jahres reden konnte. Lelde, die Leiterin, ist einfach eine geniale Person und kann wirklich gut Fragen durchdenken. Und natürlich war es auch echt cool beim Sommerfest der Studentengruppe dabei zu sein und das erste Mal in meinem Leben sogar Fußball am Strand spielen zu können. Die Rollstuhlfahrergruppe zu sehen brachte dann nochmal einen ganz anderen Aspekt zu meinem Urlaub. Gerade dort wurde mir bewusst, dass die Hilflosigkeit vom nicht Verstehen einer Sprache auch ein Vorteil sein kann. Denn dadurch nimmt man viel mehr die Emotionen, die Körpersprache und die Dinge im Hintergrund wahr und setzt sie auch selber mehr ein. So konnte ich auch ein bisschen hilfreich beim Tisch vorbereiten sein oder beim Schieben der Rollstühle. Und es hat wirklich Spaß gemacht bei einem Paketauspackspiel mit Fragen mitzumachen und mehr über die Menschen zu erfahren. Echt schön zu sehen war auch, dass ein Lächeln so einen großen Unterschied macht.

Für diesen genialen Urlaub möchte ich Paldies sagen. Paldies an Lettland, an die wundervolle Natur, an die Sonnenuntergänge, an die reichliche Kultur, an die angenehme Atmosphäre, an die verschiedenen Einblicke in ein wundervolles Gemeindeleben und ein besonderes paldies an die tollen Menschen, die ich näher kennen lernen durfte, vorallem an Lelde und natürlich Benjamin.

Lisa

Freitag, 11. Juni 2010

Stockholm

Am Montag ging es dann mit der deutschen Gemeinde mit der Fähre von Riga nach Stockholm. Wir waren insgesamt eine Gruppe von über 40 Menschen, wobei ich mich überwiegend mit den Jugendlichen, die ich bereits von der deutschen Jugendfreizeit her kenne, beschäftigt habe. Im Gegensatz zu den Fähren nach Deutschland, gab es auf dieser Fähre sogar ein kleines Entertainment Programm.

Am nächsten Tag mit fast zweistündiger Verspätung, kamen wir in Stockholm an. Wir sind mit einem Bus in die Innenstadt gefahren und haben uns dort mit der deutschen Gemeinde Schwedens getroffen. Nun haben wir einen kleinen Vortrag über Stockholm gehört und sind zum Wachwechsel des schwedischen Schlosses gegangen. Das findet am Tag nur einmal statt, war aber durchaus interessant anzusehen. So wie mir berichtet wurde, ist das Schloss das größte, noch im Gebrauch befindliche Schloss der Welt, auch wenn die Königsfamilie mittlerweile an einem anderen Ort wohnt. Nach einem Essen hatten wir dann eine Führung durch die deutsche Kirche, wo die deutsche, schwedische Königin, jedes Jahr an Heilig Abend den Gottesdienst besucht. Die Kirche machte wie ganz Stockholm einen wunderschönen und sehr gepflegten Eindruck. Nun hatten wir leider nur eine dreiviertel Stunde Zeit, Stockholm selbst zu erkunden, denn dank der Verspätung wurde die ohnehin schon kurze Aufenthaltszeit noch weiter verkürzt. Wir hatten nun in einer kleinen Gruppe einen Einheimischen, der uns in der kurzen Zeit noch einige Informationen gegeben hat und uns noch einige schöne Gebäude und eine große Einkufsstraße gezeigt hat. Das tollste, was ich in Stockholm gesehen habe, waren die Abschlussfeiern der Abiturienten. Jede Klasse/Schule hat sich einen LKW gemietet und ist mit lauter Musik feiernd durch die Strassen von Stockholm gefahren, zum Leidwesen aller Autofahrer und Passanten. Diese Tradition, die es in Schweden schon seit einigen Jahren gibt, lößt bei der Bevölkerung nicht gerade eine positive Resonanz hervor, hat mich trotzdem total begeistert. Nach einer kleinen Andacht ging es dann wieder an lauter kleinen Inseln zurück auf die Ostsee und nach Riga. Zusammenfassend würde ich sagen, dass es zwar sehr wenig Zeit war, es aber auch nicht verkehrt war, dahin zu fahren, zumal der Schwerpunkt auf dem Miteinander lag und ich wiedermal sehen konnte, wie sehr Deutschland auch im Ausland vertreten ist.

Am Donnerstag habe ich dann die traurige Nachricht erfahren, dass wir doch nicht zu dem Songfestival in Riga fahren werden. Auch wenn ich das im letzten Blogeintrag erst erwähnt habe, ist es doch schon länger geplant und es hat mich doch ganz schön runtergezogen. Ich hatte mich echt schon sehr darauf gefreut. Ich muss mal schauen, wie sich das nun entwickelt. Vielleicht fahre ich auch einfach nur als Zuschauer hin. Nach dem eigentlichen Tanztraining, was wir dann abgesagt hatten, haben wir uns dann am Strand getroffen. Es ist echt schade, da sich der Kontakt erst in letzter Zeit richtig entwickelt hat.

Bei der Jugendgruppe heute, war etwas weniger los und wir haben nach einer tollen Bibelstunde über Markus 10, wo Jesus die Kinder zu sich holt, einen Gesellschaftsspieleabend gemacht.

Sonntag, 6. Juni 2010

Tanzfestival in Liepaja

Am letzten Samstag bin ich nach Kuldiga gefahren, wo ich nicht nur meine Freunde besucht habe sondern auch eine Eurovision Songcontest Party gefeiert habe. Da Lettland schon im Halbfinale ausgeschieden war, waren alle für Deutschland, wobei ich nicht erwartet hätte, dass Deutschland dieses mal sogar gewinnt. Das hat mich sehr gefreut und wir haben zusammen eine feurige Party gefeiert.

Am Sonntag hatte ich eigentlich geplant nach Valmiera in die deutsche Gemeinde zu fahren, habe mich dann aber doch kurzfristig gegen die elfstündige Bus- und Autofahrt entschieden und bin stattdessen nach Liepāja gefahren und habe dort beim liepajischen Tanzfestival teilgenommen. Dort mit dem ersten Bus angekommen probte meine Gruppe bereits seit acht Uhr morgens mit allen Volkstanzgruppen aus Liepāja und der Umgebung. Sowohl Kinder im Kindergartenalter als auch Erwachsene und alle Gruppen dazwischen waren vertreten insgesamt waren es 66 verschiedene Gruppen. Es war überwältigend als alle gleichzeitig getanzt haben. Nachdem ich noch bei den letzten Proben mitgemacht hatte, gab es etwas zu essen und wir hatten eine kleine Pause. Danach war nochmal eine komplette Generalprobe bei der noch mal jeder Tanz geübt wurde. Dann um fünf Uhr war es endlich soweit und das große Konzert begann. Dieses Mal hatte sich eine ganze Gruppe aus der Gemeinde versammelt, um mir zu zugucken. Meist haben nur die Altersgruppen untereinander getanzt, aber beim letzten Tanz haben alle gemeinsam getanzt. Leider konnte ich nicht sehen wie es aussah, aber ich denke, es war kolossal. Hier ist ein Link, wo über das Konzert berichtet wird. Da ist auch ein Video von dem Tanz, bei dem alle aus der neunten bis zwölften Klasse getanzt haben. Ich bin in der zweiten Reihe von Links der erste der sich bewegt und führe damit meine Gruppe im Kreis ganz links an. Das gleiche was ich in Liepāja mitgemacht habe, erwartet mich nun auch in Riga. Denn meine Tanzgruppe hat sich im Auswahlverfahren qualifiziert und darf somit beim Song- und Tanzfestival in Riga teilnehmen. Hier ist ein kleiner Eindruck aus vergangenen Jahren. Dieses Festival findet nur alle fünf Jahre statt und ist für die lettische Bevölkerung ein großes Highlight. Denn viele von denen, die sich nicht qualifiziert haben oder nicht mitfahren dürfen, schauen sich das Abschlusskonzert am Fernseher an. Glücklicherweise findet dieses Festival dieses Jahr für Schüler statt und da ich ja bei den Schülern mittanze, darf ich auch mitfahren. So habe ich meinen Aufenthalt hier nochmal um zehn Tage verlängert und so findet das Abenteuer Lettland mit dem Tanzfestival einen krönenden Abschluss. Heute in fünf Wochen geht es dann schon wieder in die Heimat - leider. Völlig überglücklich und geschafft kam ich abends nach Hause - ein toller Tag, denn an diesem Tag hatte den ganzen Tag die Sonne geschienen.

Am Montag hatte ich dann die letzte offizielle Deutschstunde, denn ab dem ersten Juni, der diesen Dienstag war, begannen die Sommerferien. Die in Lettland immer drei Monate dauern. Jetzt ist nur noch eine kleine Feier zum Ende. Diese findet dann am 14. Juni statt.

Am Dienstag war ich bei der Andacht und habe auch sonst sehr viele äußerst sinnvolle Sachen erledigt. Ich habe neben einigen Zetteln, die ich für die Kleiderkammer vorbereitet habe, auch einige Spiele mit Sigrida für die Rollstuhlfahrer Gruppe vorbereitet. Am Abend bin ich nach Riga gefahren, wo ich Besuch, diesmal aus London, empfangen habe. Lisa, die eigentlich aus Deutschland kommt, ist mit der Organisation unterwegs, mit der ich auch fast gefahren wäre, wenn ich nicht das GAW gefunden hätte. Wir haben uns damals auf einem Vorbereitungsseminar kennengelernt und es war sehr interessant zu hören, wie es ihr in ihrer Arbeit ergeht. Wir haben eine Nacht in Riga übernachtet und uns am nächsten Morgen die Sehenswürdigkeiten von Riga angeschaut, ehe wir dann wieder nach Liepāja gefahren sind, wo wir direkt zur Probe unseres Jugendgottesdienstes gegangen sind. Von da aus sind wir direkt weiter zum Sommerfest der christlichen Studentengruppe gegangen, wo wir nicht nur gespielt, sondern auch gesungen, gegrillt und das Jahr reflektiert haben. Alles schloss mit einem Fußballspiel am Strand ab. Das war einfach nur cool!

Am Donnerstag sind wir beide dann mit der Rollstuhlfahrergruppe auf das Land gefahren. Das gleiche hat ja bereits im Herbst stattgefunden aber dieses Mal war es viel besser, denn ich konnte mich auch mit den Rollstuhlfahrern unterhalten und sie haben mich verstanden. Nach einem ausgiebigem Essen und einigen tollen Spielen, die auch toll angekommen sind, sind wir am Nachmittag wieder nach Hause gefahren. Alleine über diese Rückfahrt könnte ich noch zwei weitere Blogeinträge verfassen. Man darf gar nicht sagen, wie wir gefahren sind, denn das verstößt gegen jeden einzelnen Punkt der deutschen StVO und würde auf der Stelle zu einem neuen Rekord in Flensburg führen. Nachdem wir nun eine Kurve viel zu schnell genommen hatten, vielen die ersten beiden Reihen der Rollstuhlfahrer einfach um. Daraufhin wurde so scharf gebremst, dass es sogar mich aus dem Sitz gerissen hatte. Die darauf folgende Panikattacke einer Rollstuhlfahrerin musste durch eine 20 minütigen Pause auskuriert werden. Bei der ersten Rollstuhlfahrerin zu Hause angekommen, stellten wir fest, dass der Rollstuhl etwas demoliert wurde. Das kostete uns weitere zehn Minuten. Bei der zweiten Rollstuhlfahrerin zu Hause stellten wir fest, dass sie ihren Schlüssel irgendwo beim Ausflug verloren hatte. Die Sache wurde dadurch erschwert, dass sie nur sehr schwer reden kann und auch ausgebildete Menschen sie nicht verstanden hatten. Nach weiteren 20 Minuten war endlich ihr Vater da und konnte ihr die Tür aufschließen. Gar nicht erwähnenswert ist, dass die dritte NUR Probleme beim Ausstieg hatte und nur fünf Minuten gebraucht hat. Mit einer leichten Verspätung sind wir dann bei der Diakonie angekommen, wo wir uns getroffen hatten, um bei der Beantragung eines neuen Freiwilligen durch EVS einen Schritt weiterzukommen. Von diesem Treffen hetzten wir weiter zur letzten Bibelstunde, denn nun haben wir das gesamte Markus Evangelium abgeschlossen. Nach nur kurzem Aufenthalt zu Hause sind wir dann zur Südmole gefahren, wo wir in den Steinen herum klettern konnten und den Sonnenuntergang genießen konnten.

Am Freitag konnten wir es dann endlich ein wenig ruhiger angehen lassen und haben uns ganz entspannt die Sehenswürdigkeiten von Liepāja angeschaut. Abends bei der Jugendgruppe konnten wir, nachdem wir die letzten Sachen für den Jugendgottesdienst besprochen hatten, von der Arbeit von Lisa profitieren, denn sie hatte ein paar coole Spielideen, die zum Nachdenken anregen sollten. Die Arbeit um den Jugendgottesdienst und nun auch die Vertrauensspiele haben die Gruppe zusammengeschweißt.

Am Samstag ist Lisa bereits ganz früh wieder nach Riga gefahren und ich habe die Zeit genutzt mich ein wenig zu erholen, bis am Nachmittag erneut eine Probe für das Rollenspiel vom Gottesdienst anstand. Im Anschluss daran haben wir alle Spiele vom Freitag nochmals gespielt, aus kompletter Eigeninitiative der Jugendlichen, was mich sehr gefreut hat.

Am heutigen Sonntag hatte ich zunächst wieder ein Gespräch um den Antrag für den EVS endlich auszufüllen, wo mein Englisch allerdings wieder an seine Grenze gestoßen ist. Der Gottesdienst war dann letztendlich sehr schön, auch, wenn die Jugendlichen sich nicht getraut haben Freunde einzuladen. Stattdessen wurde mir erzählt, dass sie Schläge kriegen würden, wenn sie ihre Freunde einladen würden. In wie fern das nun stimmt, weiß ich natürlich nicht, aber das hat mich doch sehr geschockt. Auch wenn in Deutschland längst nicht jeder mitkommen würde, hätte ich ja kein Problem damit, jemanden einzuladen. Ich hoffe, sie haben mit dem Gottesdienst und dem damit verbundenen guten Feedback, ein wenig mehr Kraft geschöpft, dieses Projekt zu wiederholen und vielleicht sogar auszuweiten. Zusammenfassend ist es schon echt schade, was so meine Vorstellungen waren und was letztendlich dabei herausgekommen ist. Aber wenn man sich die Bedingungen dafür anschaut, in der Gemeinde kam es auf jeden Fall sehr gut an und ich kann mir gut vorstellen, dass sie es irgendwann noch einmal wiederholen und ich denke, wir können trotzdem zufrieden sein. Auch nach dem Gottesdienst haben wir uns wieder versammelt um gemeinsam Zeit zu verbringen und zu spielen und ich kann mir gut vorstellen, dass wir noch einige Treffen in den Sommerferien außerhalb der Jugendgruppenzeit folgen lassen werden.

Ich fahre morgen früh erneut nach Riga und dann mit dem Schiff und der deutschen Gemeinde Lettland nach Stockholm. Das ist aber nur ein kurzer Ausflug und ich werde wohl planmäßig am Mittwochabend wieder zuhause sein und ich hoffe, ich kann mich dann endlich wieder um die e-Mails und die Fotos kümmern.
Ar labu nakti

Montag, 31. Mai 2010

Kurztrip nach Roja

Am Dienstagnachmittag bin ich nach Roja gefahren. Roja liegt an der Küste der Rigaer Bucht und ist fast 200 km von Liepāja entfernt. Da ich am Vormittag noch unsere Gäste verabschiedet habe und noch in der Diakonie war, bin ich erst am Nachmittag losgefahren. Es war sehr schwer einen Bus zu finden, denn sobald man von den Hauptstrecken abkommt, kommen auch hier die öffentlichen Verkehrsmittel an ihre Grenzen. Den Zug kann man hier in Westlettland ja sowieso vergessen, denn der fährt nur einmal täglich von Riga nach Liepāja und von Riga nach Ventspils. Die einzige Busfahrt, die wirklich in Frage gekommen wäre, wäre über Riga und damit 7 Stunden lang gewesen. Glücklicher Weise bin ich aber die letzten 40 km von einem Auto abgeholt worden. So war ich nun "nur" 5 Stunden unterwegs gewesen. Wie gesagt für sage und schreibe 200 km. Das liegt daran, dass ich mit einem Bus gefahren bin, der jedes Dorf mitgenommen hat. Aber man kann ja an allem etwas Gutes abgewinnen. So habe ich noch einige kleine durchaus schicke Dörfer gesehen, die auf diesen Bus über den ich mich anfangs eher gewundert hatte noch richtig angewiesen sind. Außerdem war noch auf richtigen Sandwegen unterwegs, die mitten durch den Wald geführt haben. Das fand ich irgendwie aufregend. Soweit zur Hinfahrt. Wieso ging es überhaupt nach Roja?

Nach Roja wurde ich von einer jungen Frau aus der Kuldigafreizeitgruppe eingeladen. Sie arbeitet dort als Lehrerin und so bekam ich einen exklusiven Blick in die Schule. Hier in Liepāja wurden wir nämlich immer wieder Steine in den Weg gelegt, in den Deutschunterricht mitzukommen, wir vermuten, weil die Deutschlehrer Angst davor hatten, ihre Sprache zu zeigen. Aber das ist wie gesagt nur eine Vermutung. In Roja wohnt sie während der Schulzeit in der Schule. Im obersten Stockwerk hat sie eine kleine Wohnung. Nachdem wir am Abend noch das erste Halbfinale des Eurovision songcontest geschaut, wo es für den lettischen Beitrag leider nicht gereicht hat, sind wir am Morgen runter in die Schule gegangen. Zunächst sind wir in ihren Klassenraum gegangen, wo nur sie unterrichtet und die Schüler die Klassen jede Stunde wechseln. Jeder Klassenraum ist mit einem PC ausgestattet und das komplette Notensystem wird im Internet gespeichert. Jeder Lehrer hat sein Passwort und kann dann auf seine Klasse zu greifen. Das "Klassenbuch", was wir bei uns in der Schule hatten, wo eingetragen wurde, wer fehlt, wer stört und was gemacht wurde, wird alles im Internet eingetragen. Außerdem hat jeder Schüler sein eigenes Passwort, wo er, aber ich denke auch seine Eltern, sein aktuellen Leistungsstand im Internet anschauen kann.
Im Lehrerzimmer wurde ich dann vorgestellt und sehr freundlich begrüßt. Ob die Lehrer im Laufe des Tages dann auf Englisch, mit super langsamen Lettisch oder völlig normal mich begrüßten, merkten sie schnell, dass ich mittlerweile doch recht gut lettisch spreche und wenn sie so gequält langsam sprechen, versteh ich fast noch weniger. Aber neben dem Lob, den ich für die Sprache kriege, bricht das auch meist das Eis beim ersten Kontakt. Die Letten freut es sehr, dass ich ihre Sprache gelernt habe und das macht mich gleich sympathischer.
Erwähnenswert ist noch, dass es im Lehrersystem kaum Männer gibt. In Roja in dem 45 köpfigen Lehrerteam gibt es nur sage und schreibe 3 (drei) Männer. Der Job ist einfach so schlecht bezahlt (300Ls/450€), dass das sich ein Familienvater auch in Lettland nicht leisten kann. In der ersten Stunde hatte ich dann ein Gespräch mit der einzigen Deutschlehrerin der Schule gehabt. Leider gibt es nur noch einen Kurs in der 11 und einen in der 12. Klasse. Darüberhinaus macht sie eine AG. die Klassen darunter haben alle als 2. Fremdsprache Russisch gewählt, weil sich keine Klasse bilden konnte. Den Rest des Schultages bin ich dann mit in den Unterricht gegangen, aber seit heute sind in Lettland 3 Monate Ferien, deswegen war der Unterricht nicht mehr so wichtig und wir haben eine kleine Fragerunde gemacht oder einfach nur gespielt. Aber wenn man ehrlich ist, ist das in Deutschland in der letzten Woche nicht anders. Um die Mittagszeit gab es dann in der Kantine Essen. Dort isst jeder Schüler und für die, die sich das nicht leisten können, bezahlt der Staat bzw. die Stadt, das weiß ich nicht genau.
Am Nachmittag sind wir dann auch noch ein wenig herum gefahren. Unser Hauptziel war Kolku. Das ist die nördlichste Spitze von Westlettland. Dort trifft sich die Rigaer Bucht und die Ostsee. Natürlich ist das ein Gewässer, aber wie am Skagerrak in Dänemark treffen hier Wellen aus 2 Richtungen aufeinander. Besonders für diesen Nachmittag hatten wir auch super Wetter. Das war alles in allem ein total schöner Nachmittag. wir sind auch auf dem Weg dahin einige Mal angehalten, jedesmal an wunderschönen Orten und einmal sogar an der 15m hohen und damit höchsten Steilküste der Rigaer Bucht. Auch in Roja, was nur 2000 Einwohner hat, haben wir noch uns einiges angeschaut und sind abends völlig müde aber glücklich eingeschlafen.
Am Donnerstag bin ich bereits wieder nach Liepāja losgefahren. ich musste sehr früh los, hatte dafür dann aber einen "Expressbus". So habe ich nur einen Tag auf der Arbeit gefehlt und ich konnte nochmal die tolle Natur beobachten. Mittlerweile habe die Bäume alle wieder Blätter, was Anfang des Monats noch nicht der Fall war. Auf den Wiesen strahlen die Blumen und der Raps blüht zurzeit wie in meiner Heimat im schönen gelb. Was mich aber am meisten begeistert hat, ist, dass die Storchenbabys langsam zu sehen sind. Die sind zwar noch im Nest, probieren aber schon herauszugucken-süß!

Samstag, 29. Mai 2010

Die letzten 3 Wochen hatte ich nicht nur Besuch von Sandra, wie man im Blog vom 20. Mai lesen konnte, es kam auch noch Kathrin. Kathrin kannte ich vorher nicht und sie hatte hier die Aufgabe herauszufinden, ob die Möglichkeit besteht, meine Stelle weiterzubesetzen, wenn ich in nun schon in 6 Wochen wieder nach Hause aufbreche(n muss).
Direkt nach ihrer Ankunft in Liepāja sind wir in die Gemeinde gefahren, wo wir uns gerade mit einem Teil der Jugendgruppe getroffen hatten, um einen der beiden Siege der lettischen Nationalmannschaft bei der Eishockey WM zu schauen und zu feiern. Das ist nebenbei echt erwähnenswert, denn hier liegt der Fokus ganz klar auf der Eishockey-WM und nicht bei der Fußball-WM, wie in Deutschland. Nun gut, ich habe ihr die Diakonie gezeigt und sie konnte auch gleich ein paar aus der Jugendgruppe kennenlernen.
An den darauffolgenden Tagen und sie war über eine Woche hier und wir haben in der Zeit auch teilweise für mich ganz neue Menschen kennengelernt. So kenne ich nun sogar den Bischoff vom Kurland, der übrigens auch sehr gut Deutsch spricht, aber auch noch andere Freiwillige aus den verschiedensten Ländern Europas, die alle in Liepāja arbeiten und so wie ich mindestens ein halbes Jahr hier bleiben. Darüberhinaus haben wir sowohl zu zweit als auch mit ein paar Mitarbeitern der Gemeinde die verschiedenste Ideen, Probleme und Vorgehensweisen besprochen.
Ich werde ja zurzeit vom Gustav- Adolf- Werk Nordelbien finanziert und das ist mehr oder weniger eine einmalige Sache ist. Die Idee ist nun hier einen europäischen freiwilligen Dienst zu erschaffen, der komplett von der Europäischen Union finanziert wird. Das wäre echt super, wenn das klappt, weil dann kann ich wirklich sagen, dass meine Arbeit hier wirklich etwas bewegt hat. Den Grundstein haben wir nun gelegt und den Stein damit ins Rollen gebracht, aber bevor das alles losgehen kann, muss nun noch der Papierkram erledigt werden. Aber ich bin guter Dinge, dass das alles bald klappt und dank Kathrin und ihrer Arbeit hier und durch die vielen Menschen, die wir kennengelernt und die nun helfen wollen, ist das auch durchaus realistisch.
Vielleicht noch zu früh, aber wer 18-30 ist und sich das hier vorstellen kann, hochmotiviert ist und gerne ein tolles Land mit wundervollen Menschen kennenlernen möchte, kann sich gerne bei mir melden, ich leite das, wenn es soweit ist, auch weiter.
Zum Ende der Woche kam dann noch eine Gruppe Johanniter aus Oldenburg, die hier in vielen Bereichen die Gemeinde unterstützen und auch Kathrin geschickt hatten. Sie wollten schauen, was mit der Unterstützung gemacht wurde und wie man sie optimieren kann. Das war durchaus interessant, die Menschen kennenzulernen, denn ohne solche Unterstützung würde es hier um einiges langsamer vorangehen.